Zentralasiatisch „typisch“ – oder zumindest glaubte man wohl an vielen Orten, es gefiele den Touristen – gab es zum Frühstück Fettwürstchen mit Fettspiegelei, wobei ich Klaus freiwillig meine Fleischbeilage überließ und im Gegenzug seine Portion Grießbrei essen durfte. Grießbrei zum Tagesstart, Wahnsinn! Wie lange hatte ich den denn nicht? Außer Darmtrakt schonen bestand die Tagesaufgabe im Beantragen des elektronischen Visums für Tadschikistan, was angeblich super einfach ist. Ja, wenn man auf der richtigen Seite ist. Wir waren ausversehen auf derjenigen für das normale Visum gelandet und dort wurden Dokumente verlangt, von denen wir noch nie gehört hatten. Verdammt, was nun? Doch in unserer „Cycle the world“-WhatsApp-Gruppe konnte man uns schnell den richtigen Link senden. Also schwupps, Formulare ausgefüllt, jetzt fehlte nur noch das Geld. Die Online-Zahlung via Kreditkarte ist im Normalfall auch kein Problem – es sei denn man hat eine derart fragile Internetverbindung wie wir sie hatten. Zuletzt hockten wir direkt neben dem Router im Flur und beteten zu unseren Smartphones, dass sie die Verbindung lange genug aufrechterhalten mögen. Nach mehrstündigem Kampf hatten wir diese Hürde also gemeistert, bloggten noch ein bisschen rum und besuchten dann das Gur-Emir-Mausoleum, wo außer dem großen Herrscher Timur, der im 14. Jahrhundert ein riesig großes Imperium sein Eigen nannte, auch noch andere bedeutende Größen ihre letzte Ruhe fanden. Danach gingen wir essen, wurden aber ziemlich enttäuscht. Zusammenfassung: altbackenes Brot, roher Fisch und öliges Plov. Tolle Schonkost für den Bauch…

Den weiteren Day off in Samarkand nutzten wir, um die Bibi Chanum Moschee zu besuchen, um die sich eine spannende Sage webt. Die gute Bibi, damals Ehefrau des Imperators Timur, hatte während dessen Feldzügen die Aufgabe der Bauaufsicht über die neue Moschee inne. Als diese drohte, nicht pünktlich zu Timurs Rückkehr fertig zu werden, machte sie dem Baumeister Druck. Dieser sagte die rechtzeitige Fertigstellung zu, wenn er Bibi küssen dürfte. Sie zog zwar im letzten Moment ein Kissen zwischen sich und ihn, doch der Kuss war so brennend und leidenschaftlich, dass zu neudeutsch ein Knutschfleck zurückblieb. Timur war außer sich vor Eifersucht, als er diesen bei seiner Rückkehr entdeckte, tobte und machte den Lausbub ausfindig. Dieser hatte sich in weiser Voraussicht Flügel gebaut, um kurzerhand vom höchsten Minarett aus nach Maschhad zu fliegen. Konnten wir uns richtig gut vorstellen, als wir dieses wirklich große Bauwerk persönlich begutachteten. Danach stahlen wir uns eher ausversehen auf das Gelände des Schahi-Sinda-Ensemble, einer beeindruckenden Komposition prächtigster Mausoleen. Dabei sind wir nur vorher über den „normalen“ Friedhof geschlendert und auf einmal war da eine Treppe nach unten… Das Highlight für Samarkand-Touristen ist im Normalfall die Registan-Anlage, die wir uns jedoch nur von außen bei Tageslicht als auch bei Nacht anschauten. Céline und Hugo, die bereits zuvor per Taxi die Stadt besichtigten, meinten, das Eintrittsgeld würde nicht lohnen, da sich in den Moscheen sowieso nur Souvenirstände befänden. Und selbst von außen hatten wir Pech, da gerade für eine anstehende Konzertreihe eine hässliche Bühnenanlage aufgebaut war.

Beim Basar machten wir schließlich noch Bekanntschaft mit Guido und Rita aus der Schweiz, die nunmehr mit Ende 50 das große Glück haben, sagen zu können, dass sie von nun an ihr restliches Leben nur noch radeln. Für uns mit unserem straffen sechsmonatigen Zeitplan klingt das nach schierer Utopie. Aber sie haben ja auch ihr ganzes Leben dafür gearbeitet und es sich wahrlich verdient.

Am Abreisemorgen fiel uns gerade noch rechtzeitig ein, dass doch mittlerweile unser E-Visum für Tadschikistan im E-Mail-Postfach sein könnte. Und tatsächlich, nur wenige Minuten nach unserer Überweisung wurde es ausgestellt! Das ging mal schnell und einfach. Da könnten sich die anderen Länder ruhige eine Scheibe abschneiden… Drucken durften wir die Dokumente sogar noch bei unserer netten Hotelrezeption, die sowieso schon Fan unseres Projektes waren. Also wer eine fahrradfreundliche, günstige Unterkunft in Samarkand sucht: ab ins Hotel Lux! Zum Frühstück gibt’s sogar Grießbrei – ein kleiner kulinarischer Schwenk in die Kindheit.

Dann konnte sie endlich beginnen, die Radl-Tour in die Berge! Viel zu lange mussten wir uns über monotone flache Landschaften schieben und auch wenn die letzten 150 km nicht mehr so wüstig waren, so kann doch nichts die Sinne so berühren und ein derartiges Gefühl von Freiheit auslösen, wie der schweifende Blick über’s Gebirge. Leider gab es einen Wehmutstropfen. Tags zuvor hatte Klaus die Kette gewechselt und nun drückte es, warum auch immer, an einem Glied immer den Nietenstift heraus. Beim ersten Mal ging die Kette an einem steilen Stück entzwei, in der Folge vernahm Klaus sensibel die kleinste Ungereimtheit und hielt sofort an, um die sich lockernde Stelle wieder zusammenzudrücken. Das war dann in etwa alle 500 m der Fall. Dabei wäre es ansonsten so schön gewesen! Tolle Natur, sanfte Berge, idyllische Dörfchen und ein lange nicht mehr gekannter Luxus: saubere, leckere Wasserquellen, die überall heraussprudelten! Einen Tag lang nicht haufenweise Plastikflaschen kaufen, juhu! Auf dem Pass waren wir viel später als wir ursprünglich wollten und trafen zwei nette Moskauer Motorradreisende mit dem Ziel Pamir. Bei der Abfahrt ließen wir uns in einem der Straßencafés nieder, eigentlich mit der Absicht nach dem Essen zu fragen, wie es denn dort mit Übernachtung aussehe. Auf einmal winkte Sasha von unten, der Motorradreisende, den wir in Teheran auf der turkmenischen Botschaft kennengelernt hatten! Welch lustiger Zufall, zumal wir hier wirklich einigermaßen gut versteckt hockten. Sein Ziel war dasselbe, nämlich unter Umständen nicht unbedingt das Zelt aufbauen, sondern gleich auf einem der Taptschans den Schlafsack auszurollen. Das war hier leider nicht erwünscht, also fuhren wir weiter bergab und hatten in einem anderen Straßencafé mehr Glück. Idyllisch waren hier die Taptschans in die Felsen und Bäume gebaut und bis auf die Straßennähe war der Platz perfekt. Wir genossen Bier aus einer großen Plastikflasche und Sasha wurde vom Wasser-Opa zugequatscht. Dieser füllte über Stunden Unmengen von Wasser aus der unter uns liegenden Quelle. In der Zwischenzeit „beglückte“ er uns mit seiner Gesellschaft und erwies sich als einer der Besorgten, die meinen, Deutschland würde bald von Zuwandererkindern übervölkert werden. Egal wie oft wir jetzt schon versucht haben, dieses Vorurteil aus der Welt zu räumen, die Menschen haben ihr fixes Weltbild und das lassen sie sich von zwei daher Geradelten nicht kaputt machen.

Am nächsten Morgen sollte der Wasseropa nochmal eine zentrale Rolle spielen, aber nur die zweite. Die Hauptrolle übernahm Wespi. Wespi war ein kleines Arschloch, das mich im frühmorgendlichen „Ausbruzeln“ (dieses Wort verwendet man in meiner Familie für das Ausschlafen) aus dem Nichts und vollkommen heimtückisch an der einzigen nicht vom Schlafsack bedeckten Stelle attackierte: im Gesicht. Ein kurzer Stich, ein langer Schmerz, ein lauter Aufschrei und danach ging alles drunter und drüber. Ich schmiss sofort eine Urtimed ein und dennoch befiel mich am gesamten Oberkörper ein heißer juckender Ausschlag. Es war zum Durchdrehen. Im Gesicht schwollen zuerst meine Augen an, als würde man sich nicht eh schon beschissen genug fühlen. In meiner Panik ob dieser ungekannten allergischen Reaktion (normalerweise bleibt es bei einer lokalen Reaktion, aber andererseits hatte ich natürlich noch nie einen Stich im Gesicht) kam der Wasseropa dann gerade richtig. Ständig brabbelte mich dieses Faltengesicht gestenreich mit irgendwelchen „Tipps“ zu. Er brachte Petersilie, die ich doch viel eher auflegen solle als zu kühlen. Dabei war das einzige, was irgendwie Linderung verschaffen mochte, das eiskalte Gebirgswasser, das Gott sei Dank direkt unter uns aus dem Felsen schoss. Um den Oberkörper hatte ich mir mithilfe eines großen Handtuchs einen „Ganzkörperwickel“ gemacht, der wiederum in der noch angenehm kühlen Bergluft zur Folge hatte, dass ich wie wild zitterte. Zusammengefasst: mein körperlicher Zustand war erbärmlich und der moralische natürlich auch, da ich genau wusste, was jetzt bald los gehen würde: eine riesige Schwellung, die mich nicht nur furchtbar entstellen, sondern mir auch das Radeln zur Hölle machen würde.

Wir verabschiedeten uns von Sasha, den wir von nun an mit unseren unterschiedlichen Geschwindigkeiten natürlich nicht mehr wiedersehen würden. Wir rollten ein kurzes Stück den Berg hinab und suchten uns ein schattiges Plätzchen, um noch kurz unser Frühstück nachzuholen… Und da war er wieder, der Durchfall! Beobachten war nun angesagt, denn zu oft hatten wir von Parasiten gehört, die sich im Darm-Trakt einnisten… Ihgitt! Obwohl wir nun erst mal nur leicht bergab radelten, hatte ich ordentlich zu kämpfen. Die Hitze wurde immer drückender und die Antiallergika ließen mich auf dem Fahrrad beinahe einschlafen – das ist jetzt keine Übertreibung. Also den Hinweis auf der Packungsbeilage, dass die Verkehrstüchtigkeit eingeschränkt wird, sollte man durchaus ernst nehmen! In Kitab war dann der Ofen aus, ich musste mich unter einem Baum erst einmal hinlegen. Klaus erkannte, dass das heute nichts mehr wird und suchte spontan eine Unterkunft. Nur 10 km von uns entfernt hatte ein neues Hotel eröffnet und bot Zimmer für 20 Dollar. Also nichts wie hin. Auf dem Weg lag eine Poliklinik und wir beschlossen spontan, unser Zeigewörterbuch auszuprobieren. Verloren standen wir im Gebäude, auf einmal waren da zwei Männer sowie eine Frau mit Kind, die die Treppe herunterkam. Keiner sah aus, als sei er/sie Arzt/Ärztin. Ich zeigte auf die Wespe, meine Wange und schließlich auf die Spritze. Jetzt war allen klar, was ich wollte und die Mutti ohne Kittel entpuppte sich als Ärztin. Einer der Männer ging rüber in die Apotheke und kam mit dem Doping-Präparat zurück. Die nette Dame verabreichte es mir in den Po und dann war es das auch schon. Keine Rechnung, kein Geld, nix. Äta wsjo („Das ist alles“ auf Russisch) sozusagen. Im Hotel Bek in Shahrisabz war man sichtlich verwundert mitten am Tag zwei Reiseradler vor der Tür stehen zu haben, konnte uns aber sogleich ein schönes sauberes Zimmer mit Klimaanlage und eigenem Bad zuweisen. Noch dazu gab es einen Flachbildfernseher, was uns sonst herzlich egal ist, aber bei so einem „Hausarrest“ doch ein ganz nettes Bonbon. Ein guter, kühler Ort für eine Wespenstich-Auszeit also. Ich verbrachte die nächsten Stunden mit Schlafen und Klaus hatte endlich einmal Zeit, an seinem Georgien-Video herzumzuschnippeln.

Der Hammer kam dann beim Erwachen. Trotz des Schongangs und aller eingeleiteten Maßnahmen war meine Wange noch ein gutes Stück mehr angeschwollen. Ach du dicke Backe! Beim Gedanken, diesen warmen Batzen infektiösen Fleisches nun bei unserer Fahrt gen Süden die ganze Zeit in die pralle Sonne bei 40 °C Außentemperatur zu halten, wurde mir unwohl. Also entschieden wir uns, die wir sonst doch so schnell wie möglich versuchen, voran zu kommen, vernünftigerweise einen Ruhetag einzulegen. Bis zum nächsten Morgen sollte ich das Hotel nicht verlassen. Obwohl ein paar schöne Bauwerke nicht weit entfernt lagen, war es für mich keine Option, in die Hitze zu gehen. Klaus versorgte mich derweil fleißig mit leckeren Lebensmitteln aus dem nahegelegenen Minimarkt. Vor allem hatte ich jetzt eine gute Ausrede für Eis, immerhin konnte ich die kühle Creme in meine linke Wange schieben und so von innen kühlen!

Nach dem ungeplanten Ruhetag holten wir das Sightseeing in Timurs Geburtsstadt nach, bewunderten ihn in übermächtiger Größe, die umliegenden Bauwerke sowie die Parkanlage. Als ich Frauen hier skrupellos den überall wuchernden Basilikum ernten sah, konnte auch ich mir ein paar Zupfereien nicht verkneifen. Schließlich radelten wir so schnell wir konnten Richtung Süden. Bei mir war wieder Scarf-Time angesagt, denn mir das Tuch so weit wie möglich ins Gesicht zu ziehen schien mir die einzig sinnvolle Maßnahme auf dem Radl. In und um Guzor machten wir insgesamt drei Pausen, allesamt in der Obhut sehr lieber Menschen. Hier und da gab es ein Brot, eine Tomate oder Weintrauben geschenkt und gut gestärkt hieß es schließlich wieder: Kraxeln! Durch eine extrem trockene Berglandschaft schraubten wir uns recht mühsam begleitet von einigen Verschnaufpausen. Zugegeben, Klaus hätte die nicht gebraucht, aber ich fühlte mich extrem unfit. Das stundenlange im Bett liegen und rein gar Nichts tun, ist für die körperliche Fitness also nicht unbedingt das Beste. Aktive Regeneration ist doch immer noch das Beste… Nach zahlreichen Ortschaften, in denen wir z.B. schon mit einem kurzen Minimarktstopp für riesiges Aufsehen sorgten, hatten wir schon langsam Sorge, keine ruhige Zeltstelle mehr zu finden. Doch dann offenbarte sich ein wunderbarer Zugang zu einem Bächlein und wie für uns gemacht ein aufgeschütteter Sandberg, der uns vor den Blicken der Straße schützte. Wir waren gerade so fertig geworden mit Zeltaufbau und Kochen, da dunkelte es schon. Was die Wolken da sollten, konnte uns auch keiner erklären. So kühlte es sich natürlich noch langsamer ab und als wir aus Vernunft ins Zelt krabbelten, war es eigentlich noch viel zu heiß zum Schlafen. Welch nicht-regenerative Zeltnächte das doch immer sind, in denen man die ersten Stunden mit über dem Gesicht rinnenden Schweiß um jedes Minütchen Schlaf ringt. Noch dazu ein Rest-Jucken vom Wespenstich und das Leid ist perfekt.

Durch das Schlafdefizit überhörten wir natürlich den zeitigen Wecker und schliefen und schliefen… Halb 7 schälten wir uns dann doch heraus und was empfing uns? Ein erneuter Plattfuß! Wieder mein Hinterrad! Klaus fand nach akribischer Suche den Bösewicht: ein kleiner Metalldraht steckte noch im Mantel. Mit leichter Verzögerung begaben wir uns auf die bergige Strecke nach Boysun. Bei aller Anstrengung durch das Geländeprofil in Kombination mit brutzelnder Sonne genossen wir jedoch die einzigartigen Panoramen und immer mal eine kühle Cola aus einem Minimarkt. So beflügelt erreichten wir am Abend das UNESCO-Welterbe Boysun, in dem auch viele unserer anderen Radel-Bekanntschaften (Huline, Guido und Rita sowie Marc und Peter) abgestiegen waren und von dem wir daher dachten, es ist ein „Must stay“ auf der Strecke. Nun, selten zuvor haben wir es derartig bereut, ein örtliches Hotel angesteuert, statt im Umland das Zelt aufgeschlagen zu haben. Für 20 Dollar (die wir bereits runter gehandelt hatten) bekam man ein recht abgeranztes Zimmer, ein zugeschissenes Gemeinschaftsklo, keine Klimaanlage und auch kein Frühstück. Das Hotelrestaurant war längst nicht mehr in Betrieb, sodass wir uns im „Stadtzentrum“ nach Essen umschauen wollten. Bis auf ein paar Minimärkte, wo es nicht einmal ein kühles Flaschenbier gab, war jedoch nichts zu holen. Im einzigen klimatisierten Raum des Hotels, der „Lounge“, schaufelten wir Brot mit Dosenfisch in uns hinein und waren leicht frustriert.

Nachdem wir Boysun verließen, wurde die Landschaft immer schöner und wir ärgerten uns, dass wir am Vorabend nicht mehr Zeit gehabt haben, um einfach weiter zu radeln. Wir fuhren durch Gebirge und Canyons, wurden bei einer Passkontrolle von den Beamten zu Tee und Melone eingeladen und kurz vor der Abfahrt ins heiße Tal schenkte uns ein LKW-Fahrer eine riesengroße Wassermelone. Gut, dass wir gerade am Ende unserer Pause und ziemlich satt waren. Wir aßen dennoch die Hälfte und nahmen die andere mit hinab ins wellige Tal. In sengender Hitze wellte sich die Dünenlandschaft steil dahin. Immer wieder mussten wir den kleinsten Gang einlegen, um auf der anderen Seite vorsichtig bremsend bergab den Schlaglöchern ausweichen. Der gewohnt grauenhafte usbekische Straßenbelag sorgte auch dafür, dass der Spanngurt die Melone nicht mehr halten konnte und nachdem sie auf dem Buckelasphalt geborsten war, mussten wir nun auch diese Hälfte verspeisen. Mit einem regelrechten Melonenbauch erklommen wir Hügel um Hügel und Gott sei Dank schon kurz vorm Beginn des flachen Stückes wurde uns eine weitere Melone aus einem Transporter gereicht. Es gibt Nichts, was unpraktischer auf dem Fahrrad zu transportieren ist und dennoch waren wir dafür genauso dankbar, wie für die Eise, die für uns mitten auf der Straße vom Himmel, äh, vom Transporter fielen. Als die Fahrer „maroschnae“ fragten, wussten wir erst gar nicht, was sie wollen. Es ging mal nicht um „odkuda“, „musch i schena“ und „dieti“? Als sie die Hintertüren öffneten, war dann alles klar. Es gab „Sneakers“ und alle möglichen Imitate, die letztendlich nur Vanilleeis mit Schokoummantelung waren (die Pseudodiversität unzähliger Eissorten, die alle gleich schmeckten, kannten wir schon vom ersten Tag in Usbekistan). Aber einem geschenkten Gaul… 🙂 Die Melone fand ihre würdige Verspeisung in perfekter Gesellschaft. Wir wussten, dass sowohl Hugo und Céline als auch Guido und Rita im Hotel Denov abgestiegen waren – grottig für die verlangten 20 Dollar, aber Alternativen gab es kaum und wir wollten uns gerne nochmal austauschen. Nach der Melonenvorspeise und einer Gruseldusche fanden wir uns alle in einer Art riesigem Imbiss ein – Restaurant wäre wahrlich zu hoch gegriffen. Mittlerweile schon am Verhungern und Verdursten in dieser heißen Tiefebene waren das Grillhähnchen, der lecker angemachte Salat und das kühle Flaschenbier das reinste Gaumenschmaus für uns.

Hugo und Céline mussten leider noch in Denov bleiben. Zum einen hatte es Hugo mit den üblichen Beschwerden erwischt, zum anderen erwarteten sie noch Ersatzteillieferungen. Guido und Rita wiederum wollten bereits früh um 6 los radeln. Wir waren froh, dass wir uns zu dieser Zeit gerade mal aus den grottigen Betten schälen konnten, kurz nach 7 hieß es dann auch für uns: auf zur tadschikischen Grenze! Über usbekische Ausreisekontrollen wird ja immer viel berichtet. Pedantische Voyeure durchforsten jedes Foto auf deinem Handy, Kamera oder Laptop und halten dich für zwei Stunden gefangen – mindestens. Wir hatten einigermaßen Glück. Die Medizin wurde begutachtet und vor allem mit meinem Handy hatte der Grenzbeamte eine Menge Spaß. Zahlreiche bekloppte Clips, die wir vor allem mit meinem Bruder hin und her geschickt haben, sorgten für Amüsement. Gerade als er sich über den Laptop hermachen wollte, drängten andere kontrollbereite Menschen nach. Um keinen Stau zu verursachen, musste er das Schnüffeln in unserem Privatkram also bereits nach einer halben Stunde abbrechen. Sicherlich kein perfekter Abschied von Usbekistan, aber nach dem, was wir bereits über Ausreisemartyrien gelesen hatten, konnten wir behaupten, einigermaßen gut davon gekommen zu sein.